Dienstag, 21. April 2009

Osterurlaub


Sorata


Am Dienstag brachen wir früh am Morgen in unseren ersten eigenen Urlaub auf. Die Sonne lachte und wir waren glücklich, mit dem neuen Auto fahren zu können. Zuerst überwanden wir die 700m Höhenunterschied zwischen unserem Stadtviertel (Zona Sur) und El Alto, der Stadt direkt oben auf der Kante des Altiplanos. Durch El Alto wuselten wir uns ca. 1,5h durch und fanden schließlich auch die richtige Straße, die zum Titicacasee führt. Ohne Stadtplan in einer knappen Millionenstadt ist das schon eine Herausforderung, besonders bei dem chaotischen Verkehr dort. Auf unsere fehlenden Placas (Autokennzeichen) wurden wir nur einmal angesprochen. Alles verlief sonst ohne Probleme. Als El Alto endlich hinter uns lag, hatten wir wieder den tollen Blick auf das Altiplano. Überall leben Menschen in kleinen Lehmhäusern verstreut über die Ebene. Ein paar kleine Felder mit Kartoffeln, Quinoa, Bohnen, Erbsen in der Nähe und das wars dann auch schon. Man fragt sich, mit wie wenig der Mensch so auskommt zum Leben. Nach einer Stunde erreichten wir dann die Straße nach Sorata. Sorata ist bekannt als die schönstgelegene Stadt Bolivien. Auf 2600m in den Yungas (Seitentäler der Anden) an einem Flüßchen gelegen mit tollen Wanderwegen und direktem Blick und Zugang zu einen schneebedeckten Andengipfel. So sagt man. Wir sahen von all dem nämlich nichts. Sobald wir uns auf die Abfahrt ins Tal machten, befanden wir uns in den Wolken und leichtem Regen. Nach einer halben Stunde Serpentinenfahrt auf einer gut ausgebauten Straßen mit nur kurzen Strecken ohne Befestigung (wegen geologischer Instabilität) erreichten wir Sorata - immernoch in den Wolken. Die Straßen in der Stadt sind eng und wegen der Lage am Hang gehen die meisten Straßen parallel und sind nur durch Treppen verbunden, die selbst für unser Auto unüberwindlich sind. Lange Rede kurzer Sinn, wir fuhren nach Wegbeschreibung eines Kollegen in eine schmale Straße hinein. Kathrin sagte noch: "Hoffentlich müssen wir hier nicht im Rückwärtsgang wieder raus". Nach einer Weile endete die Straße tatsächlich an einer Treppe. Also rückwärts. Mit einigen Schweißtropfen und dem freundlichen Aus-Dem-Weg-Räumen eines Verkaufstischchens haben wir es dann geschafft und fanden dann auch die richtige Straße. Große Erleichterung allerseits, die dann allerdings bei Erreichen des Ortsrandes in blankes Entsetzen umschlug, als die Straßenbefestigung nämlich aufhörte und vor uns ein ca. 2,50 breiter Weg mit knietiefem Schlamm lag. Das ansich wäre ja nicht schlimm, allerdings führte der Weg in Serpentinen zum Fluß hinunter und auf der anderen Seite wieder hoch. Wir sandten ein kurzes Stoßgebet zum Himmel, dass es nicht auch noch Gegenverkehr geben möge und versuchten unser Glück. Es wurde eine ziemlich rutschige Sache und wir hofften, dass wir nicht stecken bleiben oder den Hang hinabrutschen würden (wie wir im nachhinein erfuhren, passierte genau das Kollegen, die einen Tag nach uns dort entlang fuhren). Das Flüßchen im Talgrund hatte sich in einen reißenden Strom verwandelt, aber es gab zum Glück eine Brücke. Auf der anderen Seite ging es rutschend den Berg hinauf und nach einer Weile den Abzweig zu unserer Unterkunft wieder hinab. Dort angekommen, bezogen wir unsere Cabaña (Hütte) und gingen erstmal Mittagessen. Das Restaurant ist quasi im Freien. Man hat einen tollen Blick hinüber nach Sorata und eigentlich auch auf den Rest des Tales. Aber wir sahen nur Wolken. Es war ziemlich kühl und alles war klamm. Nicht gerade das, was wir unter Paradies verstehen. Die Anlage des Hostals ist sonst sehr schön. Viele Blumen und Tiere, alles mit viel Liebe angelegt. Der Besitzer ist der Deutsch-Bolivianer Johny Resnikowski, der dort mit Frau Roxana und 4 Kindern lebt. Nach dem Essen verschliefen wir mangels Alternative den Nachmittag und gingen dann zum Abendessen. Es regnete immernoch und Johny ließ sich erweichen, den Heizstrahler (so ein Ding wie die, die in den Restaurants in Berlin auch draußen stehen) einzuschalten. Danach zogen wir uns zu ein paar Runden "Uno" in unsere Cabaña zurück und hofften auf besseres Wetter am nächsten Tag. Es regnete aber nachts noch ziemlich und auch am nächsten Morgen. Und die Wege waren inzwischen noch matschiger und rutschiger geworden, so dass wir beschlossen zu flüchten. Alles in der Hoffnung, dass das Auto mit dem inzischen noch tieferen Matsch auf den Wegen zurecht kommen würde. Wir packten, bezahlten, versprachen bei schönen Wetter wieder zu kommen und düsen im ersten Gang los. Wir sahen sogar den LKW, der die Gasflaschen austauscht (mit Schneeketten!!!) und ein PKW-Taxi, welche den gleichen Weg nahmen wie wir. Das gab Mut. Alles ging gut und wir erreichten wieder die befestigte Straße hoch zum Altiplano. Oben angekommen, schien die Sonne und wir suchten uns eine neue Strecke entlang einer Halbinsel in Richtung Copacabana. In einem der Dörfer, die wir passierten, war gerade ein großes Fest.



La fiesta


In einem weiteren Dorf erwischten wir dank völlig fehlender Ausschilderung eine falsche Straße, die uns quer über die Hügel der Halbinsel wieder zu unserem Ausgangspunkt zurück brachte. Also nochmal auf der neugebauten Straße durch das Dorf mit der Fiesta. Inzwischen waren Himmel und Menschen unterwegs und wir kamen nur mühsam durch das Gedränge auf der Straße voran.
Die Straßenbauarbeiten waren weiter in regem Gange. Gesperrt war nichts. Einmal mußten wir warten bis zwei LKWs mit Sand beladen waren, dann war die Walzmaschine direkt vor uns und zuletzt war ein Bagger dabei, einen tiefen Graben quer über die Straße zu graben. Wären wir zehn Minuten später gekommen, wäre die Straße erstmal ein paar Stunden unpassierbar gewesen...

Straßenbau


Diesmal fanden wir den richtigen Weg in dem Dorf. In einem der nächsten Dörfer gab es wieder drei Möglichkeiten. Wir wählten die, wo ein alter Mann am Straßenrand stand, um Nachfragen zu können. Er sagte aber nur "Si, si" und ob wir ihn mitnehmen könnten. Claro. Der gute muffelte zwar ziemlich war aber ziemlich dankbar zu seinem Ziel, einem Hospital mitten in den Bergen, mitgenommen zu werden. Es stellte sich heraus, dass es nicht so ganz die richtige Straße für uns war, aber auch diese führte uns letztlich zum Ziel: der Meerenge (See-Enge) von Tiquina. Wir setzten mit einem der alten Holzkähne über und erreichten dann eine halbe Stunde später Copacabana und unsere Lieblingsunterkunft "Las Olas". Sogar "unsere" Cabaña war frei. Wir trafen dort Kollegen mit ihrem Besuch und unternahmen noch einen kleinen Spaziergang hinunter zum See.
Lina schlief beim gemeinsamen Abendessen in "La Cupula" auf Kathrins Schoß ein. Leider war die Hütte nur für eine Nacht frei und wir mußten am nächsten Morgen umziehen. Zuerst waren wir traurig. Aber als wir dann unsere neue Unterkunft in Augenschein nahmen waren wir begeistert. Ein sehr liebevoll gestaltetes Hotel mit schönem Garten, Terrasse und tollen Blick auf den See. Dazu supergutes Essen und nette Bedienung - was will man mehr.
Da wir alle wegen der Magen-Darm-Geschichten etwas wackelig auf den Beinen waren, machten wir an diesem Tag nur einen kleinen Schiffsausflug zu den "schwimmenden Inseln" (weil das Kind gedrängelt hat - was macht man nicht alles...). Nach einer kurzen Mittagsruhe (Lina sah fern) wanderten wir dann doch noch schön langsam um die Bucht von Copacabana.


Die Bucht von Copacabana


Am nächsten Tag fhren wir um 08:30 mit einem Boot zur Isla del Sol. Der See war glatt und die Sonne schien. Trotzdem war es ziemlich zugig und kalt. Frank sagte dazu: "Hier kann man gleichzeitig einen Sonnenbrand und eine Blasenentzündung bekommen". Die Überfahrt dauerte knapp zwei Stunden. Aber es ganb genug tolle Landschaft zu sehen, so dass uns die Zeit nicht lang wurde. Zuerst landeten wir im nördlichen Teil der Insel an. Von wo aus man zum Heiligtum der Inkas wandern kann. Die Ausblicke waren einfach traumhaft und Lina wurde mit einem Labyrinth am Ende des Weges entschädigt. Die Buchten in diesem Teil der Insel haben dank der Sandsteinformationen weißen Sandstrand und sehen wirklich paradiesisch aus. Hier soll der Gott Viracocha die Sonne und den Mond erschaffen haben.
Auf dem Rückweg durfte Lina ein bisschen mit den Füßen im See plantschen und den Sandstrand genießen. Fast wie an der Ostsee! Danach fuhren wir mit dem Schiff zum südlichen Teil der Insel wo es eine Inkatreppe und Wasserleitung zu bestaunen gab (außerdem noch ein Heiligtum, welches aber in der Kürze der Zeit und mangels Kräften nicht besichtig wurde).
Auf dem Rückweg freundeten wir uns mit Yinka und Ethan (Mutter und Sohn) auf London an, die eine siebenmonatige Tour durch Lateinamerika machen. Lina und Ethan verständigten sich in einem Gemisch aus Englisch, Deutsch und Spanisch und fragten gegenbenenfalls mal nach: "Was hat er gesagt?" bzw. "What did she say?". Da die beiden am nächsten Tag auch nach La Paz wollten, boten wir ihnen an, sie im Auto mitzunehmen. Da wir uns super verstanden, nahmen wir sie mit zu uns nach Haus, wo die bis zum Sonntagabend auch blieben. Die Kinder bauten im Buddelkasten den Titicacasee nach und amüsierten sich köstlich. Wir Alten nutzten die Gelegenheit zum ausführlichen Erfahrungsaustausch über Kinder und das Leben im allgemeinen. So endeten unsere Osterferien mit einem Abschied.